(4) Unterdrückte Wut - Warum ist das herunterschlucken von wut und Ärger so verletzend?

 

Wut und Ärger habe ich nie wirklich zugelassen. Ich habe sie immer heruntergeschluckt. Sie mir sogar verboten zu fühlen. Das ist selbst bis heute noch oft so.

Als Kleinkind hatte ich nie die sogenannte „Trennungsaggression“. Diese dient einem Kind dazu, selbstständig zu werden. Selbständig für Entscheidungen und um sich selbst behaupten zu können in Situationen, in denen es angebracht ist.

Ich habe zur Ergründung meiner selbst verbotenen Wut meine Mutter befragt, ob ich als Kind „Nein“ oder „Ich will das nicht“ gesagt habe. Ob ich mich behauptet habe, mit Worten oder Taten.

Vielleicht hast du kleine Geschwister. Oder im Bekanntenkreis kleine Kinder, die ganz deutlich machen, wenn sie etwas nicht wollen. Sie verschränken die Arme vor der Brust, stampfen mit dem Fuß auf und sagen „Nein!“. Oder sie schütteln den Kopf, wenn sie z.B. etwas nicht essen wollen. Sie nehmen beim Spielen den Holzklotz in ihre Hände und schleudern ihn in die Ecke, wenn sie diesen zum Spielen nicht haben möchten.

Meine Mutter erzählte mir: „Nein. Du hast niemals etwas von beidem gesagt. Du warst ein sehr braves Kind. Du, du warst nie „böse“.

 

Ich erinnere mich. Wenn ich doch einmal böse war, und das war wohl die absolute Seltenheit, dann machte meine Mutter mir klar, dass meine Wut gerade keinen Platz hat. Dass Wut falsch ist. Ich hatte als Kind also verstanden, Wut und Ärger nicht zuzulassen und zu empfinden. Wenn ich als Kind wütend war, und das auch selbst bemerkte, wusste ich: Unterdrücke es. "Wenn du wütend wirst, wird Mama vielleicht nicht begeistert sein." Als Kind konnte ich nicht riskieren, dass meine Mutter oder meine Familie vielleicht verstimmt wird oder noch schlimmer, sie mich nicht mehr liebt.

Hierbei ist zu sagen, es ist ein absolut natürliches Verhalten, das ich anwendete. Als Kleinkind sind wir auf die Sicherheit und die Liebe unserer Eltern angewiesen. Sie sind unser Überleben.

Also vermied ich jegliche Ausdrucksform von Wut und unterdrückte sie. Lies nicht zu, dass ich sie fühlte und fraß sie in mich hinein. Wut bedeutete: das Risiko, die Zuneigung meiner Mutter zu verlieren. Meiner Bezugsperson. Meinem Ein- und alles. Meiner ganzen Welt. Denn das ist meine Mutter für mich. Damals, Heute und für immer.

 

Wie gehe ich mit heute damit um?

 

Selbst heute noch - obwohl ich weiß, dass ich als Kind die Dinge falsch gelernt oder, interpretiert habe – unterdrücke ich manchmal Wut, Ärger und negative Gefühle. Einfach, weil das Risiko einen Freund, eine Freundin oder den Partner zu verlieren, fälschlicher Weise, zu hoch von mir eingeschätzt und empfunden wird. Ich habe mich bis vor kurzer Zeit nicht einmal getraut, meine negative Meinung egal zu was, zu äußern. Oder negatives Fühlen zuzulassen. Wut zuzulassen. Gar noch, angemessen mit diesen Gefühlen umzugehen, und sie empfinden. Denn ich darf so fühlen. Ich darf so empfinden.

Wut zählt zu den Grundgefühlen. Die Wut dient uns seit der Steinzeit dazu, uns zu verteidigen. Uns zu behaupten, wenn es notwendig ist. In der Steinzeit wären wir wortwörtlich im Eimer gewesen, wenn wir Wut unterdrückt hätten. Unser Leben wäre ernsthaft bedroht gewesen.

Ist es also hilfreich, Wut zu unterdrücken, nur weil wir sie lieber nicht zeigen sollten? Den Kollegen, dem Chef, den Freunden, den Geschwistern oder sogar den Eltern? Es ist doch so: Es ist der richtige Umgang mit solchen Gefühlen, der wichtig ist.

 

Was ich, heute als Erwachsene kapiert habe, ist Folgendes:

Wut herunterzuschlucken und seine Meinung niemals kundzutun, nur weil man Angst hat verlassen zu werden, wird auf Dauer wehtun. Unterdrückte Gefühle stauen sich an und Wut hat sich bei mir irgendwann in Trauer umgewandelt. Weil ich einfach nicht für mich selbst einstehen konnte. Ich hab es nie gelernt und nie zugelassen, es durch das Leben erlernen zu können. Letzten Endes war ich als Kind sehr still und in mich gekehrt. Aber als Kind weiß man selbst nicht, was richtig oder falsch ist. Man hat weder das Verständnis im Kindesalter, noch das Wissen über solche Dinge. Heute weiß ich, was unterdrückte Wut und allgemein das Unterdrücken von Gefühlen bewirkt. Es ist kräftezehrend. Es ist erdrückend. Irgendwann staut sich alles an und Trauer breitet sich anstelle der Wut aus. Trauer tut noch sehr viel mehr weh – glaube mir. Ich hatte es damals so gelernt oder, eben interpretiert als Kind. Damals habe ich das Richtige getan. Ich wusste es ja nicht besser.

 

Deshalb kann ich mir heute sagen: „Ich weiß nun was ich zu tun habe. Ich darf zu mir stehen. Ich darf meine Meinung sachlich äußern. Mich verteidigen und zwar angemessen. Ich kann die Dinge regeln. Auf meine Weise“. Aber vor allem habe ich eine Sache durch das Verstehen meiner unterdrückten Wut verstanden – ich darf Wut empfinden. Darf mich selbst lieben.

Du fragst dich jetzt: „Was hat denn Liebe damit zutun?!“. Ich kann Dir sagen, sehr viel!

Liebe ist mächtig. Sie ist unglaublich stark. Sie steckt in jedem von uns. In Dir in mir. In unseren Handlungen. In der Meinung zu uns selbst. Ja sogar in der Natur. Sie gibt uns die Kraft zu unserer Meinung und auch unseren Gefühlen zu stehen, weil wir wissen, dass unser Fühlen nicht falsch ist.

Lebe nicht in der Vergangenheit. Verstehe deine Vergangenheit. Gestalte deine Zukunft. Und zwar im Hier und Jetzt. So mache ich es. Du kannst das auch. Glaub an Dich. Ich tue es.

 

Zuletzt möchte ich noch ein Wort an die Eltern richten

 

Versucht Euch einmal mit den Augen eurer Kinder zu sehen. Ihr seid für eure Kinder Alles. Ein Zuhause. Eine großartige Welt voller Freude, Liebe und Sicherheit. Eure eigene Wut, sei es ganz egal, über was ihr gerade wütend seid, wird von euren Kindern gesehen. Kinder spüren, wann Mama oder Papa vielleicht gerade wütend sind. Kinder lassen euch eure Wut empfinden und zeigen euch nicht, dass sie gerade etwas Ungutes ist. Oft kann man sogar beobachten, dass Kinder anfangen zu weinen, weil sie nicht verstehen, warum die Eltern gerade wütend sind, weil bis gerade eben doch alles noch okay war. Kinder spüren intuitiv. Und wenn ihr als Eltern auch einmal wütend sein dürft, oder gerade schlecht drauf seid, warum sollten es eure Kinder nicht auch Mal sein dürfen? Denn gerade empfindet man ja etwas – nicht wahr? Eure Kinder sind nicht perfekt, wenn sie mal unwirsch sind. Ihr seid es ja ab und zu auch nicht. Wenn perfekt gibt es nicht. Es ist nur ein Wort. Erlaubt euren Kindern sie selbst zu sein. Um so Platz zu schaffen, für Akzeptanz und Liebe.

 

Deine Lyn

 

 

 - Mit diesem Beitrag möchte ich in keiner Weise jemanden angreifen! Ich möchte in keiner Weise Eltern, Mütter oder Väter schlecht reden oder sie in ein schlechtes Licht rücken! Ich möchte sie auch nicht belehren. Jedes Leben ist anders. Jeder Mensch ist anders. Ich erzähle lediglich von meiner eigenen Erfahrung  -

 

 

Hast du auch schon einmal Wut unterdrückt? Vielleicht, weil du dich nicht getraut hast, sie herauszulassen? Oder, weil du glaubtest, es würde sich nicht gehören mit angemessener Wut auf etwas zu reagieren? Schreib es mir gern in die Kommentare. Oder schick mir eine E-Mail.

 

 

 

 

 

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