(16) Vergeben - wie kann ich verzeihen?

 

Vergebung kann manchmal das Schwerste sein, dass wir jemals in unserem Leben getan haben. Gleichzeitig ist die Vergebung aber auch ein Gefühl der Erlösung von den dunklen Schatten, die wir die ganze Zeit über mit uns herumtragen haben. Allein aus diesem Grund ist die Vergebung auch ein Erreichen von innerem Frieden und ein Stück weit die Herstellung unseres inneren Gleichgewichts.

 

Viel zu oft habe ich es selbst erlebt, wie leicht es Menschen fällt, einen anderen Menschen in kürzester Zeit zu verurteilen. Es sind dabei die bekannten 3 Sekunden, die uns entscheiden lassen, ob uns eine Person sympathisch oder unsympathisch ist. Können wir uns ihr gefahrenlos nähern oder sollten wir eine Annäherung lieber sein lassen? Diese schnelle Entscheidung rührt lediglich aus der Steinzeit, in der wir schnell entscheiden mussten, ob unser Leben durch eine andere Person in Gefahr ist oder nicht. Wenn du zu den Menschen gehörst, die in ihrem Alltag eher mal in Gedanken sind oder mal grimmig dreinschauen, obwohl sie alles andere als schlecht drauf sind, kann das auf andere schon abschreckend wirken. Leider ist es so, dass uns durch diesen Automatismus tolle Freundschaften entgehen können und wir so wunderbare Menschen in unserem Leben verpassen.

 

Aber wie oft ist es dir selbst schon passiert, dass du etwas in den falschen Hals bekommen hast? Eine Bemerkung oder einen Kommentar falsch verstanden hast? Mir ist dies oft passiert.

Menschen mit niedrigem Selbstwert sind hierfür leider besonders anfällig. Gerade weil der Selbstwert so brüchig und instabil ist, nehmen wir alles bzw. vieles als gegen uns gerichtet wahr. Die Beurteilung und die Meinung der anderen zählt dabei für uns mehr, als die eigene Meinung über uns selbst. Ganz einfach, weil wir quasi von Natur aus eine schlechte Meinung über uns als Mensch haben. 

 

Sicher sind dir aber auch schon negative Dinge im Leben passiert, bei denen du dich gefragt hast: »Warum ich?!« Oder »Warum tun sie mir das an?« (Beitrag (12) Weshalb fällt mir das essen so schwer?), »Warum passieren mir all diese negativen Dinge?«

Allein solche Gedanken triefen regelrecht vor Negativität. Doch in ihnen verbirgt sich auch Wut und Schmerz. Vor allem darüber, was andere uns angetan haben. Wie sehr sie uns verletzt haben. Vergebung kann dir dabei helfen, diese Wut und diesen Schmerz loszulassen. Doch einfach ist es keines Falls. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass ich erst verstehen musste, um dann vergeben zu können. Ich musste meine »Freinde« verstehen, um Vergebung walten zu lassen und mich gegen zukünftige »Feinde« zu schützen. 

 

Meine erste Überlegung dabei war, mir erst einmal selbst zu vergeben. Und zwar, dass ich all den Schmerz und die daraus resultierende Wut anerkannte. Ich sagte mir: »Ja. Ich hatte allen Grund so zu empfinden. Es war richtig, dass ich mich so mies behandelt gefühlt habe«. Aber ich sagte mir auch: »Ich hatte es nicht verdient so behandelt zu werden und ich werde es nie mehr erlauben, mich so behandeln zu lassen.« Ein weiterer Schritt war, dass ich erkannte, dass nicht ich ein Fehler war, sondern dass die anderen einen Fehler machten, indem sie mich falsch wahrnahmen und in Folge dessen, dann auch falsch gehandelt haben. Ich sagte mir, dass jeder Mensch Fehler macht. Dass auch ich nicht fehlerfrei bin, aber das genau das, mich zu dem Menschen macht, der ich bin. Konnte ich diese Denkweise auch auf meine Feinde übertragen? Ja. Ein Stück weit. Und so geschah es, dass ich plötzlich für beide Seiten Mitleid empfand - mir gegenüber und meinen »Feinden« gegenüber. Ich sagte mir: »Es tut mir leid, was mir passiert ist und es tut mir leid, das meine »Feinde«, so sind, wie sie nun mal sind.« Und das auf eine vollkommen wohlwollende Art. Und weist du, was dann geschehen ist? 

Ich habe ihnen vergeben.

Und ich habe mir selbst vergeben.

 

 

Vielleicht wirst du dich jetzt fragen: 

Wieso tust du das? Sie haben dir schreckliches Leid zugefügt. Diese Menschen waren in all ihren Facetten gemein und unsagbar schlecht zu dir. Wie kannst du ihnen nur verzeihen? Auch sie haben Wut verdient, und zwar deine. 

Gegen Wut gewinnt man aber nicht mit Wut. Einen Krieg kann man mit Krieg auch nicht gewinnen. Man macht ihn bloß schlimmer.

 

Denn – es gibt einen Unterschied. Verzeihe ich, weil ich verstanden habe, dass mir all dies zu Unrecht passiert ist und diese Menschen auf ganzer Linie falsch gehandelt haben? Ich das Gespräch mit diesen Menschen gesucht habe, um sie darauf hinzuweisen, dass sie falsch handeln – denn das sollte man auf jeden Fall tun. Entscheide ich mich also bewusst dazu, die Wut auf diese Menschen mein Leben lang mit mir herumzutragen und zu fühlen, weil ich unbedingt im Recht sein will, dass ich ein Opfer dieser Menschen wurde, die meine Wut verdient haben. Nur damit sie merken, dass sie einen Fehler gemacht haben? Ich hätte damals einem Ochsen ins Horn petzen können, und diese Menschen hätten ihren Fehler, ihre falsche Meinung trotzdem immer noch nicht gespürt.

 

Ich habe mich dafür entschieden, mich künftig vor solchen Menschen zu schützen und ihnen damit zu signalisieren, dass es Grenzen im Leben gibt, die wir nur selbst setzen können. Ich habe dies nicht wie sie selbst mit der Wut getan. Ich habe es auf meine Weise mit der Vergebung getan. Glaube mir, es ist ein verdammt großer Schritt, etwas zu vergeben, dass so unendlich weh tat. Aber es ist auch ein immenser Sprung in deiner Persönlichkeitsentwicklung, wenn du dich schützt und für dich als deine eigene Stimme in Kraft trittst. Wenn durch das Vergeben ein Stein von deinem Herzen genommen wird, der dein wahres Selbst die ganze Zeit über erdrückt hat. Nur du allein kannst vergeben. Vergebung beginnt in unseren Herzen. Besonders dann, wenn du spüren kannst, dass sie dich stärker und nicht schwächer macht.  

 

Denk mal darüber nach. Könntest du jemanden etwas vergeben? Wenn ja, was würdest du vergeben wollen? Es geht hierbei rein ums überlegen und erst einmal nicht ums direkte ausführen. Fühl mal in dich rein, wie der Gedanke daran jemandem zu vergeben, sich in dir anfühlt. Wenn du für das Vergeben noch nicht bereit bist, dann zwinge dich auch noch nicht dazu. Wenn dein Herz dir sagt, dass es noch nicht an der Zeit ist zu vergeben, dann nimm dir die Zeit, die du brauchst. Aber verschließe dein Herz deshalb nicht gegenüber dem Gedanken, irgendwann der Person zu vergeben. Glaube mir, ich weiß wie schwer es ist, aber ich weiß auch wie leicht du dich danach fühlen wirst. Du bist wertvoll. Immer.

 

Deine Lyn.

 

Hast du schon einmal jemanden einen Fehler vergeben?

Hast du dir selbst schon einmal einen Fehler verziehen`?

Wenn ja, was hast du vergeben und wie konntest du vergeben?

Welche Gedanken hattest du dabei?

Schreib es mir gern in die Kommentare.

 

 

 

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